November 13, 2021

DIE GESCHICHTE HINTER INTERNATIONALITY

Von Benedikt Korkmaz
DIE GESCHICHTE HINTER INTERNATIONALITY

benny, was gibt es über dich zu wissen?

"aus der sicht meiner familie bin ich weit gekommen, aber die welt hat viele perspektiven."

ich habe dieses jahr meinen bachelor international management an der fh würzburg-schweinfurt abgeschlossen und bin mittlerweile in den niederlanden. vor der fh habe ich bereits ein duales studium begonnen, weil ich nicht wusste wie ich mir ein studium finanzieren sollte. letztendlich war das aber nicht der weg den ich gehen wollte, also habe ich mich umorientiert. neben meinem abschluss habe ich nun 6 monate in england gelebt, ein auslandssemester in singapur gemacht und durfte mit der fulbright stiftung erfahrungen in amerika sammeln.

für mich, aber vor allem auch für meine familie, ist mein bisheriger weg schon ein großer erfolg. aus einem arbeiterhaushalt mit migrationshintergrund bin ich unter deutsch-türkischem einfluss aufgewachsen. heute bin ich der erste mit abitur, einem studienabschluss und der aussicht auf einen masterabschluss an der universität groningen.

 

über welches thema sprichst du bei uns?

ich spreche über das thema „internationality“. das thema ist eine herzensangelegenheit, weil ich mich bedingt durch meinen familiären hintergrund in großen teilen meines lebens weder der einen, noch der anderen nationalität und kultur zugehörig gefühlt habe. das ganze ist aber eher durch externe einflüsse als durch mich selbst ein thema.

 

wieso liegt dir das thema so am herzen?

„ich hatte oft den eindruck in deutschland nicht ganz deutsch zu sein, in der türkei aber auch nicht ganz türkisch zu sein. vorallem als kind war es schwer und ich habe lange versucht nur als deutscher wahrgenommen zu werden.“

 

mir ist mittlerweile sehr wichtig mich mit themen wie interkultureller akzeptanz und kommunikation, strukturellem rassismus und chancengleichheit auseinanderzusetzen. für mich ist das immer schwierig in worte zu fassen, weil ich verständnis dafür habe wie schwierig es ist sich in mich – und auch viele andere – hineinzuversetzen. ich hatte immer das gefühl niemandem gerecht werden zu können. ich hatte oft den eindruck in deutschland nicht ganz deutsch zu sein, in der türkei aber auch nicht ganz türkisch zu sein. mein studium und mein aktuelles umfeld haben mir geholfen zu verstehen, dass es keinen grund gibt sich für eine seite zu entscheiden. aber in meiner vergangenheit habe ich z.b. als kind aufgehört türkisch zu sprechen, weil andere kinder das komisch fanden. mir war dabei einfach nur noch unwohl und ich habe es dann auch verlernt. heute weiß ich, dass wir letztendlich nur mit uns selbst im reinen sein müssen. aber ich sehe die gesellschaft in der pflicht kulturelle vielfalt zu akzeptieren und ehrlich zu begrüßen.

 

was möchtest du mit anderen teilen?

ich selbst habe mich nie als kind mit migrationshintergrund gesehen, aber andere waren nie darum verlegen mich darauf hinzuweisen.“

 

viele menschen haben migrationshintergrund und versuchen sich bestmöglich zu integrieren, aber die gesellschaft macht es einem schwer. für mich ist entscheidend, dass wir akzeptieren, dass es keinen grund dafür gibt, dass sich jemand für eine seite entscheidet oder ständig auf seine wurzeln angesprochen wird. es spielt doch keine rolle ob ich stereotypisch aussehe oder nicht, weil es rein gar nichts über den menschen aussagt der ich bin. ich selbst habe mich nie als kind mit migrationshintergrund gesehen, aber andere waren nie darum verlegen mich darauf hinzuweisen. für mich ist das unverständlich und diskrimierend. wichtig ist doch der mensch und der charakter, nicht die herkunft meiner familie. wir alle wissen, dass unsere gesellschaft bunt und vielfältig ist. und wenn wir alle gleich sind, sollte es nicht wichtig sein woher jemand kommt oder wo seine:ihre wurzeln liegen.

wir alle können nur dazulernen und wir alle müssen für kompromiss und dialog bereit sein. für die gesellschaft sind toleranz, offenheit und freundlichkeit entscheidend, nicht die herkunft, das aussehen oder die religion.

 

wie setzt du dich für dieses thema ein?

in erster linie jetzt mit und durch einfach mensch. ich möchte mit lili eine plattform für dialog schaffen und die bedeutung von interkultureller kompetenz und akzeptanz betonen. die identität und persönlichkeit jedes menschen ist einzigartig. aus meiner sicht sollte sich niemand auf einen einzelnen kulturellen hintergrund festlegen müssen, sondern jede:r sollte individuelle einflüsse feiern und stolz darauf sein können.

 

wie können andere aus deiner sicht helfen?

durch den aufbau von interkulturellem verständnis und dem aktiven erleben anderer kulturen. für mich persönlich sind auch auslandsaufenthalte und events eine großere bereicherung, um den dialog und austausch zu suchen.

wichtig ist für mich bspw. auch jemanden nicht direkt zu fragen woher er kommt und bei einer antwort, die einen selbst – durch stereotypisierung – nicht befriedigt jemanden nach der „wahren“ herkunft der eltern zu befragen. das ist einfach egal.

in diesem zuge ist auch entscheidend zu verstehen, dass nicht jede kultur oder jedes land alles richtig macht. und es ist deshalb auch völlig legitim sich in mehr als einer kultur heimisch zu fühlen, weil es eine individuelle entscheidung ist, die im leben nicht für ungleichheit sorgen sollte. zu guter letzt hilft es auch im alltag nicht zu stereotypisieren und vermeintliche annahmen über andere zu treffen.

 

welche organisation möchtest du unterstützen?

integreater e.v.

https://www.integreater.de

 

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